REIGENTANZ IM DECAMERON
Bocaccio beschreibt in seinem Buch „Das Decameron“ eine Gesellschaft von 7 jungen Damen und 3 jungen Herren. Diese gehen, während 1348 in Florenz die Pest wütet, auf ein nahegelegenes Landgut. Dort werden an 10 Nachmittagen jene 100 Geschichten erzählt, die den Hauptinhalt des Buches bilden. Nach dem Mittagessen und nach dem Abendessen vergnügt sich die Gesellschaft mit Musik, Gesang und Reigentanz, wie Bocaccio ausführlich beschreibt. Das Amt des Königs bzw. der Königin wechselt dabei reihum von Tag zu Tag, der Tagesablauf bleibt aber im wesentlichen derselbe.

Erster Tag:
... Die Mädchen und nicht minder die jungen Männer verstanden sich sämtlich auf den Reigentanz. Einige unter ihnen aber besaßen besondere Geschicklichkeit in Spiel und Gesang. Darum ließ die Königin, als die Tische abgeräumt waren, Musikinstrumente herbeibringen, und Dioneo nahm auf ihren Befehl die Laute, Fiametta eine Geige, und sie begannen, anmutig miteinander einen Tanz zu spielen. Die Königin schickte die Diener zum Essen und tanzte dann mit den anderen Damen und den zwei jungen Männern nach dieser Musik langsamen Schrittes einen Reigen ...
(Nachmittags wurden die zehn Geschichten des ersten Tages erzählt.)
Nach Tische ließ die Königin Musikinstrumente bringen und befahl, einen Tanz zu beginnen, den Lauretta anführen und Emilia, von des Dioneos Laute unterstützt, durch ein Lied begleiten sollte ... Dieses Tanzlied, in dessen Endreime alle fröhlich eingefallen waren, gab durch seinen Inhalt einigen aus der Gesellschaft viel zu denken. Als es indes geendet war und man noch einige andere Tänze hatte folgen lassen, war schon ein Teil der kurzen Nacht verstrichen. Deshalb gefiel es der Königin, den ersten Tag zu beschließen.

Zweiter Tag:
Wie sie am vergangenen Tage getan hatten, so taten sie auch heute. Sie aßen in der Kühle zu Mittag und legten sich nach einigen Tänzen zur Ruhe ...
(Nach dem Abendessen) erhoben sie sich, und Emilia führte auf Wunsch der Königin einen Tanz an. Pampinea sang das folgende Lied dazu, in das die übrigen im Chor einfielen: ... Nach diesem Liede wurden noch mehrere andere gesungen, mancherlei Tänze wurden aufgeführt und verschiedene Instrumente gespielt ...

Dritter Tag:
Nachdem sie sechs Lieder gesungen und ein wenig getanzt hatten, (gingen sie) zu Tisch. ... so daß sie sich nach aufgehobener Tafel von neuem mit Spiel, Gesang und Tanz so lange ergötzten, bis die Königin der wachsenden Hitze wegen erklärte, es sei Zeit zu ruhen. ...
Um nicht von denen abzuweichen, die vor ihm Königinnen gewesen waren, forderte (abends) Filostrato Lauretta auf, einen Tanz zu beginnen und ein Lied zu singen.

Vierter Tag:
Als die Tafel aufgehoben war, ergötzten sie sich wie an den vorigen Tagen unter Filomenas Vortritt mit Tanz und Gesang.

Fünfter Tag:
Inzwischen bereitete der verständige Seneschall die Tafel, und als die Stunde herangekommen war und man noch ein Lautenlied und einige Tanzliedchen gesungen hatte, setzten sich auf der Königin Geheiß alle fröhlich zu Tisch. Nach Tische aber gedachte man der herkömmlichen Ordnung und führte mit Instrumenten und Liedern mehrere kleine Tänze auf. ...
Zum Schlusse der Mahlzeit begannen alle zu singen und zu spielen. Emilia führte nach dem Wunsche der Königin einen Tanz an, und dem Dioneo wurde befohlen, ein Lied dazu zu singen. Sofort begann er: „Frau Trude, Frau Trude, schließt zu Eure Bude ...“ Die Damen lachten alle, am meisten aber die Königin, die ihm befahl, ein anderes Lied zu singen. (Dioneo macht mehrere Vorschläge zu Liedern schlüpfrigen Inhalts.) ... Obwohl die andern alle lachten, wurde die Königin jetzt doch etwas ungehalten und sagte: „Dioneo, laß deine Späße und singe uns ein hübsches Lied, sonst könntest du erfahren, daß ich ernstlich böse werden kann.“

Sechster Tag:
... Dann aber ließ er Lichter, Wein und Zuckerwerk herbeibringen und gebot der Gesellschaft ... zum Tanze anzutreten. Panfilo führte auf des Königs Verlangen den Tanz an; dieser aber sagte, zu Elisa gewandt, freundlich: „Schöne Maid, du übertrugst mir heute die Ehre der Krone, so will ich dir für diesen Abend die des Liedes übertragen ...“
... Inzwischen ließ der König, der in der besten Laune war, den Tindaro herbeirufen und befahl ihm, seine Sackpfeife zu bringen, bei deren Klang nach seiner Anordnung noch zahlreiche Tänze aufgeführt wurden.

Siebter Tag:
... begann man in der Nähe des schönen Springbrunnens Reigentänze, bald nach dem Tone von Tindaros Schalmei, bald nach anderer Musik aufzuführen. ...

Achter Tag:
Nachdem man fröhlich und heiter gespeist hatte, sang und tanzte man eine Zeitlang, worauf sich mit Urlaub der Königin zur Ruhe niederlegen konnte, wer da wollte. ...
Nach dem Mahl vergnügte man sich auf herkömmliche Art mit Liedern und Tänzen.

Neunter Tag: ... nach dem Mahl ... standen sie zu den gewohnten Tänzen auf.

Zehnter Tag:
Als die Stunde des Mahls gekommen war, versammelten sie sich mit großer Lust dazu. Danach begannen sie wieder mit Gesang und Spiel und Reigentanz, und während Lauretta den Reigen anführte, befahl der König der Fiametta, ein Lied zu singen.
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Veröffentlicht 2003-09-09   /   Heiner Fischle, Hannover